Die Frage „Müssen Buchhaltungsbelege vorkontiert werden?“ ist seit Jahren ein viel diskutiertes Thema. Weiteren Gesprächsstoff hierzu liefert nun das Landgericht Münster in dem Verfahren 12 O 471/07. Nach dem Gesetz muss die Buchhaltung so beschaffen sein, dass sich ein außenstehender Dritter innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Entstehung und Abwicklung der Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens machen kann. Die Erfassung und der Nachweis solcher internen und externen Unternehmensvorgänge erfolgen letztlich durch den sog. Buchungsbeleg. Ausgehend von jedem Beleg muss dessen Behandlung in der Buchhaltung nachvollziehbar sein (progressive Prüfbarkeit) und ausgehend von jedem Posten in der Bilanz bzw. GuV müssen sich wiederum die zugrunde liegenden Belege ermitteln lassen (retrograde Prüfbarkeit). Darüber hinaus gehende Vorgaben lassen sich jedoch weder dem geschriebenen Gesetz noch den handelsrechtlichen Gepflogenheiten entnehmen.
Allein die Finanzverwaltung fordert seit ihrem BMF-Schreiben vom 07.11.1995 den sog. Kontierungsvermerk als Grundbedingung einer formell ordnungsgemäßen Buchhaltung. Darüber hinaus fordert sie aber auch die schriftliche Niederlegung des Ordnungskriteriums der Ablage und das Buchungsdatum. Anders dagegen das LG Münster. Ein durch das Gericht beauftragter Sachverständiger kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Anbringung eines sog. Kontierungsvermerkes auf einem Beleg gesetzlich nicht vorgeschrieben und damit nicht zwingend sei. Folglich sei der Buchungsvermerk kein essentieller Bestandteil einer ordnungsgemäßen Rechnungslegung. Ausreichend sei lediglich eine nachvollziehbare Ablage von Belegen. Dementsprechend wäre dem Grundsatz der Nachprüfbarkeit auch dann Genüge getan, wenn die Buchhaltung beispielsweise dadurch erfolgt, dass ein kleines Unternehmen seine internen und externen Geschäftsvorfälle nach Eingangs- und Ausgangsrechnungen jeweils chronologisch in einem Ordner ablegt. In diesem Fall lassen sich nämlich die gesamten Unternehmensvorgänge unstreitig bereits unmittelbar aus dem Ablagesystem nachvollziehen und nachprüfen. Fazit: Eines liegt klar auf der Hand: einzig und allein die Finanzverwaltung ist im heutigen elektronischen Zeitalter noch nicht angekommen. Was damals per Hand sortiert, notiert und abgeheftet wurde, übernimmt heute schon das intelligente Buchhaltungsprogramm. Folglich wird sich die Frage nach einem „Kontierungsvermerk“ irgendwann auf natürliche Art und Weise erledigen.
Quelle: Bundesverband selbständiger Buchhalter und Bilanzbuchhalter 09/2011